Die Dingelstädter Zigarrenproduktion

1910 eröffnete eine bedeutende Berliner Zigarrenfirma eine kleine Sortiererei in der Dingelstädter Riethmühle. Es handelte sich um die bereits 1850 gegründete Firma Neumann. Zwei Jahre später nahm sie hier auch die Zigarrenfabrikation auf. Die Neumann AG wurde zu einem der größten Unternehmen in der deutschen Tabakindustrie überhaupt. 1922 war ein Fabrikneubau in der Birkunger Straße, damals noch unbebautes Gelände, fertig gestellt. Er diente der Gesellschaft als Zentralbetrieb für das Eichsfeld, wo ihre gesamte Zigarrenproduktion zusammen lief und die hiesigen Filialbetriebe koordiniert wurden. Ende der 30er-Jahre waren das fast 40 mit rund 2500 Mitarbeitern. Im Zuge der so genannten „Arisierung" der deutschen Wirtschaft wechselten im Januar 1938 die Besitzer: Die Zigarrenfabrik Martin Brinkmann erwarb die Mehrheit am 1,2 Millionen Mark umfassenden Aktienkapital der Neumann AG. Sie verkaufte noch im gleichen Jahr an die Gildemann Zigarrenfabriken AG. Bald nach Kriegsende wurde sie enteignet. Sie gehörte nun als „Werk Gildemann" zur Vereinigung Thüringer Tabakfabriken. Den Namen Gildemann führte der neue VEB vorerst weiter. Nach dem Krieg wurde mit der Zigarrenherstellung zunächst im Dingelstädter Hauptbetrieb und in acht Filialen mit 300 Arbeitskräften begonnen. Nachdem die Vorkriegsbestände aufgebraucht waren, musste der VEB Gildemann auf inländische Tabake umsteigen. Doch eine gute Zigarre braucht die besseren Qualitäten der ausländischen Tabake. Deshalb waren die Dingelstädter froh, dass Ende der 50er-Jahre endlich wieder der erste Importtabak verarbeitet werden konnte. Die Zigarrenproduktion wuchs seit 1949 ständig. 1956 arbeiteten schon 19 Filialen mit 1500 Beschäftigten für den Dingelstädter Hauptbetrieb. 1958 waren es dann über 20 und zwar in: Lengenfeld unterm Stein, Küllstedt, Neuendorf, Ecklingerode, Kella, Großbartloff, Struth, Beberstedt, Wilbich, Effelder, Hundeshagen, Gernrode, Kallmerode, Ershausen, Geisleden, Kreuzebra, Helmsdorf und in Martinfeld. In Dingelstädt gab es neben dem Hauptbetrieb noch drei weitere Filialen. 1945 kamen aus Dingelstädt 19,6 Millionen Zigarren, 1957 waren es fünf Mal so viele. Für eine weitere Produktionssteigerung musste mechanisiert werden. Denn ein geschulter Wickelmacher schaffte per Hand täglich 1800 Wickel, ein damaliger„Wickelautomat" dagegen 20000 Stück! 1961 gab es die erste völlig maschinell gefertigte Zigarre. Neu war seit 1.1.1961 auch der Name: VEB Zigarrenfabriken Dingelstädt.

Mit der Wende kam - beinahe - das Ende. Zuerst wurde die Tabak-Haus Dingelstädt GmbH als Treuhandbetrieb gegründet. Schließlich erwarb im Oktober 1992 Joh.W. von Eicken aus Lübeck als Gesellschafter die Treuhandgeschäftsanteile. Heute werden in Dingelstädt hochwertige Zigarren-Sortimente, Pfeifentabake und Feinschnitttabake zum Selbstdrehen und Stopfen von Zigaretten sowie Zigaretten hergestellt.

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