Umschlagtext
Ich erinnere mich an diese Begegnung, als wäre es gestern gewesen.
Der Wartburg zuckelte bedächtig über die Donau-Brücke, der ungarische Grenzer nickte nur beiläufig und wollte weder Papiere noch Kofferraum sehen. Was an einer Grenze im Osten eher selten vorkam. Dann ging es schnurstracks in die nächste Stadt, nach Györ, und in den Supermarkt, wo man sich mit den wenigen Forint in der Hand äußerst wählerisch gab. Creme aus Deutschland, Kosmetik aus Frankreich, Schokolade aus der Schweiz – es war so, wie man sich ungefähr den Westen vorstellte. Nur das Bier kam nicht aus Bayern und nicht aus Nordrhein-Westfalen, sondern aus Thüringen. „Apoldaer Dominator“, da wurde es einem warm ums Herz.
Das „Apoldaer“ machte sich gut inmitten der bunten Regale. Dass es auch nach der Wende seinen Platz dort behauptet, konnte man schon frühzeitig, noch bevor der „Eiserne Vorhang“ fiel, erkennen. Seitdem ist es für mich eine Art Hobby, egal, wo man als Journalist in der Welt hinkommt, nach Zeichen aus der Heimat zu suchen. Dann übersieht man auch nicht eine prächtige Vitrine mit Porzellan aus Blankenhain in der Hauptstadt Georgiens Tiflis oder die üppige Auslage mit Qualitätswurst aus Nohra in London.
Die Region zwischen Ilm und Saale, das ist natürlich immer wieder Goethe und Schiller, aber sie hat mehr zu bieten, als es auf den ersten Blick scheint. Wer mit offenen Augen durch das Land fährt, wird es nicht übersehen.
Sergej Lochthofen
Chefredakteur „Thüringer Allgemeine"