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Stachlige Schönheiten von Kakteen-Haage

Friedrich Adolph Haage jun. züchtete zunächst Blumen: zum Beispiel Levkojen, Nelken, Goldlack, Astern, Rosen. Allesamt Sorten, die in jenen Zeiten in Erfurt beliebt waren. Daneben betrieb er Handel mit Gemüse- und Blumensamen sowie mit Blumenzwiebeln. Und dann machte Haage aus seinem Hobby – den Kakteen – ein Geschäft und erweiterte mit ihnen sein Sortiment. Er sammelte und züchtete die stachligen Schönheiten so intensiv und gekonnt, dass er nach 13 Jahren über die drittgrößte Sammlung in ganz Deutschland verfügte.

Haage war zudem einer der ersten deutschen Handelsgärtner, der Zeitungsanzeigen schaltete und in den kommerziellen Versandhandel einstieg. Seine erste Versandliste erschien wohl 1824 - zwei Jahre nach Gründung seines Unternehmens. Nebenher engagierte er sich ehrenamtlich im Erfurter Gartenbauverein, zu dessen Mitbegründern er gehörte. Seine Verdienste brachten ihm den Ehrendirektor des Vereins ein und als er im September 1866 starb, würdigte der Verschönerungsverein ihn mit einem Denkmal.

Auch Haages drei Söhne waren hervorragend gärtnerisch ausgebildet, schließlich übernahm der ältere, Gustav Ferdinand Haage, die Geschäftsführung. Schon 1870 musste er den Firmensitz wegen dem Bau der Eisenbahn aufgeben und vor die Festungsanlagen der Stadt – ehemals Daberstedt – ziehen. Anfangs eine schwierige Situation, da das Umland der damaligen Festung Erfurt noch den Rayonbeschränkungen und damit vielen Verboten unterlag. Heute erinnert der Haageweg an diesen Standort.

Um 1900 verlegte Sohn und Nachfolger Ferdinand Friedrich Adolf Haage den Betrieb in die Andreasflur, wo er bis heute seine Kulturen hat. Damit einher ging eine weitere Vergrößerung der Pflanzen- und Samenkulturen, insbesondere der Kakteen, die inzwischen auch ins Ausland verkauft wurden.

Einen tiefen Einschnitt in der betrieblichen Entwicklung bedeutete der Erste Weltkrieg, der die Verbindungen in die Welt kappte. Nach dem Tod des ältesten Sohnes im Krieg, stieg dessen jüngerer Bruder Walther Haage nach Gärtnerlehre und Wanderjahren ins Geschäft ein. Vater und Sohn päppelten den Betrieb in den schweren Nachkriegsjahren auf und schufen bald wieder ein reichhaltiges Spezialsortiment an Kakteen, das in aller Welt Abnehmer fand.

1930 ging die Geschäftsführung auf Walther Haage allein über. In der Ära „Walther Haage“ galt es viele Hürden zu überwinden – die NS-Jahre mit ihrer Ausrichtung auf die „Volksernährung“ zu Ungunsten anderer Pflanzenkulturen wie der Kakteensammlung, die limitierten Verhältnisse in den Kriegs- und Nachkriegsjahren sowie die ersten DDR-Jahre mit Repressalien gegenüber Privatbetrieben. Nach der erzwungenen Aufnahme einer staatlichen Beteiligung 1961 erfolgte gut zehn Jahre später die Enteignung. Walther Haage durfte noch als Saatzuchtleiter tätig sein, seinem Sohn Hans-Friedrich Haage übertrug man nach Studium an der Humboldt-Universität die Leitung des zur „Brigade Kakteenzucht“ degradierten Betriebes im VEG (Volkseigenes Gut) Saatzucht Zierpflanzen.

Doch der Bedarf an Kakteen & Co. in der DDR und im Ausland war groß. Um diesen zu decken, investierte der VEG immerhin in den Betrieb – fünf moderne 600 m² große Gewächshäuser entstanden. So verfünffachte sich die Produktionsfläche.

Nach der Wende reprivatisierte Hans-Friedrich Haage das Familienunternehmen – erfolgreich. Kakteen-Haage hat sich wieder etabliert und ist noch immer ein Familienbetrieb: Im 175. Jahr des Bestehens der Firma, 1997, übernahm mit Ulrich Haage die nächste Generation die Gärtnerei. 

 18 Kataloge aus dem Zeitraum 1928 bis 1959 im TWA-Bestand U 013


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Literaturtipps:

  • Otto Rollert: 125 Jahre Firma Friedrich Adolph Haage jun. Erfurt.- [Erfurt] Thüringer Volksverlag, [1947], S. 9, 11f., 13, 15;
  • Theodor Rümpler: Erfurt’s Land- und Gartenbau in seinen wichtigsten Entwicklungsmomenten: Eine Festgabe - Erfurt : Gerhardt & Schreiber, 1865, S. 67;
  • Fritz Regel: Thüringen, Teil III: Kulturgeographie.- Jena, 1896, S. 48; Hans Haupt: Die Erfurter Kunst- und Handelsgärtnerei.- Jena, 1908, S. 46
  • Karl Lattermann: Der Erfurter Gartenbau.-Würzburg, 1935, S. 42f.
  • Hans Haupt: Die Erfurter Kunst- und Handelsgärtnerei, Erfurt, 1908, S. 131f.
  • www.kakteen-haage.de
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