Standort Erfurt / Station "Malzwolff" - Erfurter Braumalz ging in die halbe Welt

Malzwolff verarbeitete Braugerste aus der Region und gehörte zu den größten deutschen Herstellern in der Branche.

Hopfen und Malz Gott erhalt’s! Diesen Spruch muss man in Erfurt wohl sehr wörtlich genommen haben. Gleich mehrere Malzwerke siedelten sich an der Schwelle zum 19. Jahrhundert in der heutigen Landeshauptstadt an. Überhaupt war Erfurt in diesen Zeiten Zentrum einer florierenden Lebensmittelindustrie, die all das an Getreide, Gemüse oder Obst verarbeitete, was in den umliegenden Dörfern angebaut wurde.
Das wohl bekannteste Malz-Unternehmen in Erfurt trug den Namen Wolff und war ursprünglich mit einer ganz anderen Tradition verbunden: der Seifensiederei. Von dort jedenfalls stammte der Seifensiedermeister Johann Georg Wolff, der 1806 geboren wurde. Der wechselte 1864 sein Metier und betrieb fortan gemeinsam mit seinen Söhnen Ernst Friedrich (Fritz) und Hermann den Getreidegroßhandel J. G. Wolff & Söhne.
1869 pachteten die Unternehmer eine kleine Mälzerei und nur wenige Jahre später entstand der erste Neubau. Mit dem Betrieb ging es gut voran, das Malz verkaufte sich bestens, also wurde erweitert und investiert. Der wirtschaftliche Erfolg jedenfalls veranlasste die Inhaber im Jahre 1885, mitten in Erfurt eine zweite riesige Malzfabrik in der heutigen Thälmannstraße zu bauen und dort Malz im großen Stil zu produzieren. Abnehmer gab es inzwischen mehr als genug; allein in Erfurt bestanden 13 Brauereien. In diesen Bau wurde die damals enorme Summe von rund einer Million Mark investiert.
Im Jahre 1897 teilten die Brüder das erfolgreiche Unternehmen: Die erstgebaute Fabrik hieß jetzt Hermann Wolff & Söhne und die spätere war fortan die Malzfabrik Fritz Wolff. Doch die beiden waren es nicht allein, die auf das Braumalz setzten. Vor den Toren Erfurts nämlich gab es seit 1882 in Ilversgehofen noch ein Werk der Malzfabrik J. Eisenberg. Doch der eindeutige Sieger unter den Erfurter Malz-Unternehmern war Fritz Wolff (1839-1928). Der galt nicht nur als ein hervorragender Geschäftsmann, sondern war ein ebenso engagierter Bürger. Wolff betätigte sich als Stadtverordneter und als Vorsitzender der Erfurter Handelskammer. Der Erfolg des Malzwerkes weit über die Thüringer Grenzen hinaus führte immer wieder zu neuen Investitionen. Im Jahre 1897 wurde die Fabrik ein erstes Mal erweitert. In den 1920er- und 30er-Jahren steckten die Wolffs dann sehr viel Geld in verbesserte Transporttechnologien, neue Siloanlagen und in den Umbau der Darren.
Während die beiden anderen Malzfabriken in Aktiengesellschaften integriert wurden, gelang es der Fabrik von Fritz Wolff, die Eigenständigkeit zu bewahren. Er blieb solo, weil er es sich wirtschaftlich leisten konnte. Der Zweite Weltkrieg brachte in Erfurts größter Malzfabrik tiefe Umbrüche mit sich. Die Männer waren an der Front, der Absatz von Bier ging zurück, immer weniger Malz wurde nachgefragt. Nach dem Zusammenbruch Hitlerdeutschlands und mit der DDR-Gründung wurden die Malzfabriken in Volkseigentum überführt. Später schloss man die drei Erfurter Firmen mit volkseigenen Werken aus Langensalza, Arnstadt und zeitweise auch aus Nordhausen zusammen. Fortan gab es die VEB Erfurter Malzwerke sozusagen als Dachmarke der vereinigten Malzindustrie des damaligen Bezirkes Erfurt. Das Kombinat belieferte nicht nur heimische Brauereien, sondern exportierte in die halbe Welt. Doch auch der heimische Markt musste versorgt werden. Die Erfurter Malzindustrie stellte zeitweise ein Drittel des Braumalzes der DDR her.
Der nächste Umbruch passierte mit der politischen Wende 1989. In den Folgejahren wurde die Erfurter Malzwerke GmbH gegründet. Es kam, wie es kommen musste: Unrentables wurde abgestoßen, manches verschwand aus Gründen der Konkurrenz, anderes aber wurde modernisiert und flott für die Marktwirtschaft gemacht. 1992 übernahm die Getreide AG Rendsburg alle Anteile der Erfurter Malzwerke GmbH. Sie konzentrierte die Produktion am Nordbahnhof. Diese Betriebsstätte wurde in den Folgejahren mit Investitionen in Höhe von 20 Millionen Euro zu einer hochmodernen Mälzerei umgerüstet.
Aus der Sicht der Denkmalschützer aber ist und bleiben die Reste des alten Malzwerks in der Thälmannstraße das bedeutendste Erbe einer einst blühenden Branche. Experten loben den kompakten, aus zwei parallel zueinander angeordneten Gebäudegruppen bestehenden großräumigen Komplex aus Industriebauten in nahezu vollständiger originaler Erhaltung.
Errichtet wurde der imposante Bau in rotem Backstein in vier Abschnitten zwischen etwa 1885 und 1939. Noch heute besticht er trotz aller Zerfallserscheinungen durch seine konsequente Industrie-Architektur. Zwar stellt die Mälzerei ein städtebaulich bedeutendes Ensemble dar. Bislang aber blieben die Geldspritzen zu einer Sanierung des historischen Komplexes aus. Mehrfach in Spiel gebrachte Überlegungen zur Nutzung als Wohnquartier wurden noch nicht umgesetzt.

 

Das Malzwerk befindet sich in der Thälmannstraße (Ecke Iderhoffstraße). 
Es ist nicht öffentlich zugänglich, kann aber jederzeit von außen besichtigt werden.
 
Malzwerk
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